Geh aus mein Herz und suche Freud...

Fri, 01 May 2020 06:18:57 +0000 von Marietta Meffert

„Geh aus mein Herz und suche Freud in dieser lieben Sommerszeit an deinen Gottes Gaben, schau an der schönen Gärten Zier und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben, sich ausgeschmücket haben.“ 
 
So lautet die 1. Strophe des bekannten Liedes im Evangelischen Gesangbuch (EG 503). Okay…so richtig Sommer haben wir noch nicht, aber in den letzten Wochen war das Wetter fast schon sommerlich. Und wie gut tut mir der Gedanke an den Sommer, an Sonne und Wärme in dieser besonderen Zeit. Es wird morgens früher und abends bleibt es länger hell. Die Vögel singen von früh bis spät. Und wenn die Sonne scheint, dann hat sie Kraft. „Geh aus mein Herz und suche Freud…“ – ein alt bekanntes und gern gesungenes Lied. Wenn ich dieses Lied singe, dann fühle ich mich gerade dazu aufgefordert: geh in den Garten, geh raus nach draußen, geh heraus aus deinem muffigen Zimmer, lebe nach außen, öffne dich, schau, was der Garten Gottes alles zu bieten hat. Und das geht auch in dieser „Coronazeit“ mit Kontaktverbot und Ausgangbeschränkung. Raus in den eigenen Garten, rauf aufs Fahrrad in die Natur, zu zweit oder auch alleine. „Sieh dir an, was alles wächst, was alles blüht,“ scheint dieses Lied mir zuzurufen: die Bäume mit ihren satten grünen Blättern, grüne Hecken, Rhododendronbüsche blühen, auf meiner Terrasse wird es bunt. 
 
Ist das nicht Grund zur dankbaren Freude? Morgens wecken mich manchmal die Vögel mit ihrem Gezwitscher und dann denke ich: sie singen zu Gottes Lob.
 
„Geh aus mein Herz und suche Freud…“ – vor über 350 Jahren hat Paul Gerhard dieses Lied geschrieben. Paul Gerhard hat viele schwere Dinge erleben müssen: mit 14 Jahren ist er Vollwaise, 4 seiner 5 Kinder starben, und auch seine Frau musste er zu Grabe tragen. Er hat den 30 jährigen Krieg erlebt. Paul Gerhard kennt Leid. Und trotzdem dichtet er so freudig. Er fordert uns gerade zu heraus, dass auch wir uns freuen trotz allem, was uns vielleicht auch gerade in dieser Zeit negativ belastet. Freu dich an den Bäumen, an den blühenden Blumen, am Zwitschern der Vögel, am Summen der Bienen, an allem, was auf den Feldern beginnt zu wachsen…
Paul Gerhard gibt uns gleich in der 1. Zeile seines Liedes eine konkrete Handlungsanweisung. Da steht nicht: vielleicht kannst du ja mal hinaus gehen an die frische Luft und vielleicht findest du ja dann irgendeinen Grund, dich zu freuen. Nein! Da steht: geh aus und suche Freud! Verkriech dich nicht länger in deinem inneren Käfig. Komm raus! Schaue, höre, rieche, schmecke die verschwenderische Fülle von Gottes Schöpfung! Geh aus mein Herz und suche Freud…
Solange alles wächst und gedeiht, haben wir Grund zur dankbaren Freude. Trotz aller Not, trotz allem Leid, trotz aller Einschränkungen: das Leben geht auch weiter.
 
Ich möchte gerne eine kleine Geschichte mit Ihnen teilen, die ich einmal gefunden habe, die Geschichte von Frau S.: „In den letzten Kriegswochen habe ich in Berlin gelebt. Dort hatte ich ein besonderes Erlebnis. Häuser brannten und verbreiteten große Hitze. Und ich war hochschwanger. Täglich wartete ich, dass mein Kind geboren wurde. Mein Vater brachte mir einen blühenden Apfelzweig. Wie war das möglich in all dem Feuer? Die Hitze hatte diesen Baum nicht verschlungen, sondern ihn vorzeitig zum Blühen gebracht. In all dem Chaos und in all der Angst ein Hoffnungszeichen: Liebe und Leben sind stärker als Hass und Tod. Mein Kind kam gesund zur Welt.“
 
Wir haben keinen Krieg – Gott sei Dank! – die Bäume und Blumen blühen auch in unserer chaotischen, angstmachenden Zeit. Mir schenkt das Hoffnung…
Geh aus mein Herz und suche Freud…
Vater im Himmel,
draußen blüht es – Grund zur freudigen Dankbarkeit. 
Wir dürfen immer wieder erfahren, dass du unser Leben hell machst durch alle Dunkelheiten und Traurigkeiten hindurch.
Hilf uns, dass wir deine wunderbare Schöpfung sehen, hören, riechen und schmecken. 
Bleibe bei uns als mutmachende und tröstende Kraft. Schenke Hoffnung. Schenke Freude. 
Amen. 
 
Es grüßt dich und Sie deine und Ihre Diakonin Marietta Meffert
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