Ich freue mich gerade über die erste Rosenblüte. Die Rose steht gut geschützt in einer Hausecke und hat so ihren Artgenossen in unserem Garten gegenüber einen entscheidenden Vorteil: weniger Wind und wenn die Sonne scheint doppelte Wärme durch die aufgewärmten Wände.
Als ich die Blüte bestaune, fällt mir eine Situation ein, die einige Jahre zurückliegt. Ich saß als Studentin in einer Veranstaltung. Wir alle brüteten über einem hebräischen Text und suchten nach einer richtigen, passenden Übersetzung. Es waren neben mir und einigen gleichaltrigen Studierenden auch zwei ältere Kollegen und ein Gaststudent aus Israel dabei. Er hatte am Anfang des Seminars erzählt, dass er eigentlich Maschinenbau studierte und „nebenbei“ aus Interesse ein paar Veranstaltungen im Fach Theologie besuchen würde. Er wollte einfach besser verstehen, wie wir Christen die Texte lesen, die auch im Judentum Heilige Texte sind.
Und mitten im Seminar, während alle hochkonzentriert waren, sagte er plötzlich einen Satz auf Hebräisch und führte die Hände vor dem Gesicht zusammen und lachte auf. Wir schauten erstaunt hoch.
Dann erklärte er lächelnd, er habe gerade draußen den ersten Schmetterling dieses Jahres gesehen und das sei doch ein Grund, Gott zu loben. Später in der Mensa erzählte er uns, dass es in seiner Familie ganz normal sei, genau das zu tun: Auf das „erste Mal im Jahr“ zu achten und es mit einem Gotteslob zu verbinden. Leider habe ich vergessen, was er damals auf Hebräisch gesagt hat, auch wenn ich mir fest vorgenommen hatte, es mir zu merken.
Aber was für eine schöne Idee ist das, auf jedes „das erste Mal im Jahr“ mit einem Lob Gottes zu antworten. Das möchte ich ausprobieren – gleich heute.
Imke Metz
Imke Metz